Das unterschätzte Erbe: Zeugnisse der Braunkohleindustrie in Sachsen. Ergebnisse des Erfassungsprojektes nun veröffentlicht.

17.12.2023, 10:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

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Lausitzer Revier: Tagebau Reichwalde (© Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Nora Wiedemann)

Die Abbildung ist im Zusammenhang mit der Berichterstattung rechtefrei verwendbar.

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Mitteldeutsches Revier, Bergbaufolgelandschaft mit Hainer See, Kahnsdorfer See und Stausee Rötha (von vorn nach hinten) (© Landesamt für Archäologie, Dr. Ronald Heynowski)

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Im Lausitzer und Mitteldeutschen Revier ist die qualifizierte, flächendeckende und umfangreiche Erfassung der Zeugnisse der Braunkohleindustrie abgeschlossen. Als Grundlage für weitere Forschungen würdigt sie die bald abgeschlossene Zeitschicht der Braunkohleindustrie auf sachlich-fachlicher Ebene. Ausgewählte Ergebnisse des BKM-Projekts im Lausitzer Revier und im Mitteldeutschen Revier hat das Landesamt für Denkmalpflege kürzlich in je einer Broschüre veröffentlicht.

Durch die fachübergreifende Erfassung der archäologischen, baukünstlerischen und künstlerischen Objekte steht damit ein gesamtheitliches Inventar für die beiden Braunkohlereviere in Sachsen zur Verfügung, das als allumfassender »Geschichtsatlas des kulturellen Erbes der Braunkohleindustrie« verstanden werden kann. Es ist nun ein tiefer Einblick in eine für die betroffenen Landschaften prägende Industrie und ihren Bau- und Sachzeugnissen möglich. Technische Neuerungen und infrastrukturelle Maßnahmen, städtebauliche Entwicklungen und interessante Architekturen, soziale und kulturelle Errungenschaften, aber auch die gravierenden Eingriffe in die historischen Landschaften durch die Zerstörung der Natur und Veränderung des gesamten Wasserhaushaltes und deren Rekultivierungsmaßnahmen werden durch das Projekt veranschaulicht. Durch den Gesamtüberblick werden die komplexen und sehr umfangreichen Veränderungen infolge der Braunkohlewirtschaft besonders deutlich und die Ortsgeschichte anhand der größeren Anzahl an Geschichtsobjekten viel besser verständlich und nachvollziehbar. Die Projektergebnisse sind somit nicht nur für die Vermittlung von Wissenschaft, Kultur- und Heimatgeschichte nützlich. Sie können auch für städtebauliche oder großflächige Raumplanungen herangezogen werden und als Grundlage für Architektur- und Landschaftsentwürfe dienen.

Alf Furkert, Sächsischer Landeskonservator:
»Ziel dieses beispielhaften Projektes war es, die Industriegeschichte im Umfeld der Braunkohleförderung und –verarbeitung als wichtigen Teil der Wirtschaftsgeschichte und Grundlage unseres heutigen Wohlstandes zu dokumentieren. Die entstandene komplexe Übersicht leistet einen wertvollen Beitrag zur Einbeziehung des industriellen Erbes in den Strukturwandel und stärkt somit die Identifikation der Menschen in den Revieren mit ihrer Heimat.«

Dr. Regina Smolnik, Sächsische Landesarchäologin:
»In dem gemeinsamen Projekt der Archäologie und der Baudenkmalpflege haben wir spannendes Neuland betreten. Die Nähe von aufgehender Bausubstanz und im Boden verborgenen Strukturen erforderte ein abgestimmtes Vorgehen beider Interessen. Das bot einen erweiterten Blick mit weiteren Interpretationsmöglichkeiten der Geschichtsforschung unserer unmittelbaren Vergangenheit.«

Die Erfassung der Zeugnisse der Braunkohleindustrie hat deutlich gemacht, wie prägend dieser Industriezweig für die Reviere war und mit der großen Anzahl an baulichen Anlagen auch weiterhin bleibt. Um die wichtigsten Sachzeugen bewahren zu können, bedarf es stets eines Erhaltungskonzepts, finanzieller Mittel sowie vor allem Menschen, die sich mit den Objekten identifizieren und darin Zukunft sehen können. Im Sinne dieser materiellen und immateriellen Ressourcen tragen die Projektergebnisse zu einer »Neuen Umbaukultur« bei, die die Erhaltung des Bestandes in den Vordergrund rückt. Damit ist eine wichtige Grundlage geschaffen, um Perspektiven für Standortnachnutzungen gemeinsam vor Ort entwickeln zu können und Unterstützung durch Förderprogramme zu gewinnen.

Sämtliche Erfassungsergebnisse werden schrittweise ab Ende 2023 im Onlineportal KuLaDig, Kultur Landschaft Digital (www.kuladig.de), einem Informationssystem über die historische Kulturlandschaft, dokumentiert und publiziert.

Die Broschüren »Zeugnisse der Braunkohleindustrie im Lausitzer Revier« und »Zeugnisse der Braunkohleindustrie im Mitteldeutschen Revier« können kostenfrei bezogen werden im Zentralen Broschürenversand der Sächsischen Staatsregierung und stehen dort auch als Download zur Verfügung.

Hintergrund
Im August 2020 ist das »Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen« mit dem Ziel in Kraft getreten, die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen zu fördern und den Strukturwandel zu begleiten. Vor diesem Hintergrund führten das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (LfD) und das Landesamt für Archäologie Sachsen (LfA) von 2021 bis 2023 ein zweijähriges interdisziplinäres Erfassungsprojekt im Mitteldeutschen und im Lausitzer Revier durch. Darüber hinaus arbeiten weitere drei Projektteams in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen. Das Projekt wurde zu 100 Prozent durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördert sowie mit Personal- und Sacheinsatz aus dem LfD und LfA unterstützt.

Die fast flächendeckende Inventarisierung eines vollständigen Industriezweiges in vier Bundesländern ist ein Novum, wie auch die digitale Bereitstellung der Ergebnisse im webbasierten Informationssystem KuLaDig (Kultur Landschaft Digital). Die anschauliche und wissenschaftlich fundierte Darstellung informiert die Interessierten über das jeweilige Erfassungsobjekt. Darüber hinaus lassen sich die Spuren dieser weitgreifenden Entwicklungen durch die digital verfügbaren Objektinformationen und Kartierungen der anderen Reviere einem bundesweiten Vergleich unterziehen.


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