Sachsen und Nordrhein-Westfalen rücken noch näher zusammen

11.06.2024, 15:27 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Gemeinsame Sitzung der Landesregierungen in Leipzig – Beschlüsse zu den Themen Wandel durch Technologie, zur Krankenhausreform, zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und zur Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung

Leipzig (11. Juni 2024) – Die Länder Sachsen und Nordrhein-Westfalen rücken noch näher zusammen. Beide Länder wollen ihre Kooperation vertiefen und sich noch stärker bei ihren Erfahrungen vor allem in den Bereichen Strukturwandel und Digitalisierung austauschen. Darauf verständigten sich Sachsens Staatsregierung und die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen in ihrer gemeinsamen Sitzung am Dienstag, 11. Juni 2024, unter der Leitung der Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und Hendrik Wüst in Leipzig.

Die Kabinette fassten unter anderem Beschlüsse zu den Themen Wandel durch Technologie, zur Krankenhausreform, zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und zur Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung.

Ministerpräsident Michael Kretschmer:
»Wir Sachsen sind dankbar für die Zusammenarbeit und Kooperation mit Nordrhein-Westfalen – gerade im Bereich des Strukturwandels. Wir haben zusammen mit Sachsen-Anhalt und Brandenburg das Investitionsgesetz zur Stärkung der Kohleregionen gemeinsam vorangebracht. Es ist enorm wichtig, dass die vereinbarten 40 Milliarden Euro wirklich investiert werden und sich die Dinge auch realisieren.
Wichtig ist zudem, dass wir die Chancen des Föderalismus nutzen. Nordrhein-Westfalen und Sachsen sind an der Seite der Kommunen. Wir sehen mit Sorge auf das Defizit bei den deutschen Kommunen, weil Bundesgesetze sie unter Wasser drücken. Wer wie der Bund Leistungsgesetze beschließt, muss auch dafür sorgen, dass die Gelder bei den Kommunen ankommen, wo die Aufgabe erledigt wird.«

Ministerpräsident Hendrik Wüst:
»Nordrhein-Westfalen und Sachsen verbinden gemeinsame Herausforderungen, gerade mit Blick auf den Strukturwandel. Unsere Kooperation zwischen Ost und West hat Tradition. Diese vertrauensvolle Zusammenarbeit wollen wir wahren und ausbauen – gerade mit Blick auf die gemeinsamen Potenziale. Nordrhein-Westfalen und Sachsen gehen gemeinsam einen Weg von der Kohle zur KI. Wir entwickeln uns zu europaweit führenden Standorten für die Entwicklung und Anwendung von KI. Unsere Länder sprechen mit einer gemeinsamen, mit einer starken Stimme beim Bund vor. Wir arbeiten an Politik für die Menschen, für stärkeres Vertrauen und mehr Zusammenhalt zwischen Ost und West.«

Wandel durch Technologie – die Zukunftsstandorte Nordrhein-Westfalen und Sachsen
Sachsen und Nordrhein-Westfalen sind nicht zuletzt durch erfolgreiche Ansiedlungen in den vergangenen Monaten Hochtechnologie-Standorte. Bestehende und neue Unternehmen benötigen für erfolgreiches Wachstum exzellente Rahmenbedingungen. Die Landesregierungen streben daher einen intensiven Austausch zu bestmöglichen Vorgehen bei Genehmigungsverfahren, Infrastrukturmaßnahmen, Forschung und Entwicklung sowie beim Fachkräftebedarf an. So sollen neue Impulse für den Ausbau von weiteren technologieorientierten und digitalen Wirtschaftssystemen gesetzt und beide Länder als herausragende Standorte für Technologie in Europa positioniert werden.

Strukturwandel
Der Strukturwandel hat sowohl im Rheinischen Revier als auch in den sächsischen Teilen des Mitteldeutschen Reviers und des Lausitzer Reviers erfolgreich begonnen und die Erfolge der ersten Maßnahmen sind zu sehen. Nordrhein-Westfalen und Sachsen begrüßen, dass der Bund nun die seitens der Länder geforderten Verbesserungen am strukturpolitischen Instrumentarium folgen lässt. Für einen gelungenen Strukturwandel müssen die Attraktivität der Braunkohleregionen gesteigert und neue, sichere Arbeitsplätze mit neuen Wertschöpfungspotenzialen entstehen.

Ausbau der Zusammenarbeit mit dem Staat Israel und Bekämpfung des Antisemitismus - Verbindungsbüro Israel
Sachsen und Nordrhein-Westfalen wollen zukünftig gemeinsame Projekte mit Partnern in Israel durchführen. Bei der Zusammenarbeit sollen Projekte in den Bereichen Digitalisierung und KI, Gesundheitswesen und Biotechnologie, Energie und Ressourcen sowie Sport-, Jugend- und Kulturaustausch umgesetzt werden. Durch die Einbeziehung von Projektpartnern aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Israel sollen Synergieeffekte erzielt werden, von denen alle Seiten profitieren. Sachsen will dadurch die Beziehungen des Freistaats zu Israel weiter vertiefen und die Etablierung einer sächsischen Präsenz vor Ort prüfen.

Bekämpfung Antisemitismus
Die Länder Sachsen und Nordrhein-Westfalen sprechen sich klar für die Bekämpfung von Antisemitismus aus. Die Verbreitung antisemitischer Positionen und Leugnung des Existenzrechts Israels im Rahmen von Versammlungen erfordern eine klare Antwort des Rechtsstaats. Sachsen unterstützt die von Nordrhein-Westfalen eingebrachte Bundesratsinitiative zur Prüfung des Straf- und Staatsangehörigkeitsrechts. Voraussetzung für eine Einbürgerung in Deutschland muss ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels sein. Die Leugnung des Existenzrechts Israels soll unter Strafe gestellt werden, indem der Straftatbestand der Volksverhetzung verschärft wird.
Beide Länder sind sich darin einig, dass Aufklärung über antisemitische Stereotype und Handlungsmuster sowie Antisemitismusprävention an Schulen wichtige Handlungsfelder sind. Die Landesregierungen verfolgen das Ziel, jeder Schülerin und jedem Schüler mindestens einmal im Schulleben einen Gedenkstättenbesuch zu ermöglichen.

Sicherheitslage
Die Landesregierungen haben sich zur aktuellen Sicherheitslage ausgetauscht. Insbesondere standen bei den Gesprächen die Themen Clankriminalität, Kindesmissbrauch und das Erstarken extremistischer Kräfte im Fokus. Hier waren sich die Landesregierungen einig, dass die Sicherheitsbehörden im digitalen Zeitalter nicht mit rechtlichen Rahmenbedingungen aus dem Jahrhundert der Wählscheibentechnik ihr Ziel erreichen werden. Die Innenminister Herbert Reul und Armin Schuster plädierten für eine leistungsfähige Verkehrsdatenspeicherung, wie sie der Europäische Gerichtshof für geboten hält.

Elementarschaden-Pflichtversicherung
Beide Landesregierung sind sich einig, dass die Bundesregierung – wie von den Ländern seit Langem gefordert – zeitnah einen Regelungsvorschlag für die Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung vorlegen muss, sodass ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden kann.
Der Bund sollte die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, um die Menschen bei der finanziellen Risikovorsorge vor Naturgefahren und insbesondere mit Blick auf zunehmende Extremwetterereignisse besser zu unterstützen. Viele Menschen stehen nach Katastrophen vor existenziellen finanziellen Schäden, die weder die Betroffenen alleine noch die staatliche Solidargemeinschaft tragen können. Es bedarf daher einer versicherungsrechtlichen Lösung, die den Namen einer Pflichtversicherung verdient.

Einstein-Teleskop
Sachsen und Nordrhein-Westfalen bekennen sich zum Großprojekt »Einstein-Teleskop«, das als eine Großforschungsinfrastruktur von internationalem Rang für den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Europa und Deutschland von großer Bedeutung sein wird. Beide Ländern fordern die Bundesregierung auf, zu den zur Verfügung gestellten Mitteln für Machbarkeitsstudien eine volle und aktive Beteiligung an diesem europäischen Projekt und im Board of Governmental Representatives (BGR) anzustreben. Ebenso muss ein maßgeblicher Teil eines deutschen Beitrags zum Einstein-Teleskop der Bund leisten, da die Finanzierung internationaler Forschungsinfrastruktur in seinen Zuständigkeitsbereich fällt.

Krankenhausreform
Die Landesregierungen Sachsen und Nordrhein-Westfalen bekräftigen, dass wesentliche Änderungen am Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes erforderlich sind, um die Versorgungssicherheit sicherzustellen. Bisher sind weder die Ausgestaltung der gewünschten Vergütungssystematik noch deren Auswirkungen klar. Insbesondere die Vergütung von in der Fläche bedarfsnotwendigen Krankenhäusern bleibt unklar. Die geplanten Regelungen beinhalten darüber hinaus insgesamt weitere Fehlanreize, die die Versorgung gefährden können. Beide Länder erwarten, dass die einvernehmlich verabschiedeten Forderungen der Gesundheitsministerkonferenz im weiteren parlamentarischen Verfahren von Bund und den die Bundesregierung tragenden Fraktionen berücksichtigt werden. Darin besteht zudem ein besonderes hervorzuhebendes Einvernehmen aller Bundesländer.

Pflegeversicherung
Die Kosten in der Pflege steigen weiter, insbesondere die Eigenanteile überfordern immer mehr Pflegebedürftige und Angehörige. Die notwendige umfassende Reform des Pflegeversicherungsrechts durch den Bund steht nach wie vor aus und die drängenden Herausforderungen der Finanzierung werden immer weiter verschoben. Nordrhein-Westfalen und Sachsen weisen deutlich auf den Mangel einer Gesamtstrategie des Bundes hin - vor allem mit Blick auf eine dringend erforderliche Klärung der Finanzierung sowie der strukturellen Weiterentwicklung hin zu flexibleren Regelungen für die Versorgung.

Umgang Bund mit Kommunen
In den Ländern Sachsen und Nordrhein-Westfalen übernehmen die insgesamt 814 Städte und Gemeinden sowie 41 Landkreise überwiegend den Vollzug von Bundesrecht. Wenn der Bund mit seinen Gesetzen zusätzliche Aufgaben schafft, darf er Länder und Kommunen nicht auf den Kosten sitzen lassen. Vielmehr müssen solche Gesetze stets mit einer Regelung für eine vollständige und dauerhafte Kompensation der damit verbundenen Mehrbelastungen einhergehen.
Die Sächsische Staatsregierung und die Landesregierung Nordrhein-Westfalen betonen in diesem Zusammenhang die herausragende Bedeutung der Kommunen als tragende Säule unserer Gesellschaft. Die unermüdliche Arbeit in den Kommunen ist für den sozialen Zusammenhalt und die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes unverzichtbar. Hierfür gebührt allen Kommunen Respekt und Dank.

DigitalPakt Schule 2.0
Sachsen und Nordrhein-Westfalen fordern den Bund auf, die Bund-Länder-Verwaltungsvereinbarung über einen Digitalpakt 2.0 auf der Grundlage des vorliegenden Entwurfs zügig abzuschließen. Die fortlaufende digitale Transformation der Bildungslandschaft stellt eine gesamtstaatlich bedeutsame Daueraufgabe dar. Die Fortsetzung der Finanzierung über einen Digitalpakt (DPS) 2.0 ist deshalb entscheidend, um den positiven Impuls der bisher bewilligten und bereits abgeschlossenen Strukturen und Projekte aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen. Beide Landesregierungen erwarten deshalb vom Bund, keine weiteren Hürden aufzubauen, die eine Einigung mit den Bundesländern unmöglich machen würden.

Weimarer Dreieck – Impulsgeber für die regionale Zusammenarbeit in der EU
Sachsen und Nordrhein-Westfalen sehen in der engeren Zusammenarbeit Deutschlands, Polens und Frankreichs im sogenannten »Weimarer Dreieck« eine besondere Chance für die Stärkung Europas. Dabei sollte es aber nicht nur um ein verteidigungspolitisches Konsultationsforum der nationalen Regierungen gehen. Es gilt das Weimarer Dreieck von unten durch die Kooperationen der Regionen und der Zivilgesellschaft zu beleben und zu festigen, weshalb das sächsische Europaministerium beispielsweise die Ausrichtung des ersten »Tages des Weimarer Dreiecks in Sachsen« am 31.05.2024 im Goethe-Institut Dresden gefördert hat.


Kontakt

Sächsische Staatsregierung

Regierungssprecher Ralph Schreiber
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