Umweltminister von Breitenbuch: »Die Wiederherstellungsverordnung ist das Gegenteil von Entbürokratisierung«

13.05.2025, 13:05 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Staatsregierung richtet ressortübergreifende Arbeitsgruppe ein, wendet sich jedoch mit einem deutlichen Appell an Berlin und Brüssel

Die Sächsische Staatsregierung hat sich in der Kabinettssitzung am Dienstag (13.05.) mit der Europäischen Verordnung über die Wiederherstellung der Natur (Wiederherstellungsverordnung) befasst und die Einrichtung einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe beschlossen. Unter Leitung des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft werden sich Vertreterinnen und Vertreter aus der Staatskanzlei sowie den Bereichen Infrastrukturentwicklung, Energie, Finanzen und Inneres gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden zunächst mit den Grundsätzen und dem Verfahren zur Erstellung der sächsischen Beiträge zum nationalen Wiederherstellungsplan befassen. Die Einrichtung dieser Arbeitsgruppe wird notwendig, um parallel zu den Forderungen an Bund und EU arbeitsfähige Strukturen zu schaffen.

Staatsminister Georg-Ludwig von Breitenbuch bewertet den heutigen Kabinettsbeschluss wie folgt: »Im Kern kann man das Anliegen der EU-Verordnung nachvollziehen: Wir alle wünschen uns eine lebenswerte und gesunde Natur. Doch es gleicht einer Fahrt im Dunkeln. Weder können wir die Richtung, noch das konkrete Ziel der Verordnung oder den Weg dahin erkennen. Mit der heute beschlossenen Einrichtung der interministeriellen Arbeitsgruppe unternehmen wir den Versuch, als Staatsregierung das Steuer besser in die Hand zu nehmen. Wir werden es aber auf dieser Fahrt nicht versäumen, Bund und EU als Beifahrer in die Pflicht zu nehmen und das eine oder andere Stoppschild am Straßenrand aufzuzeigen.«

Die Wiederherstellungsverordnung trat im August 2024 als unmittelbar geltendes Recht für alle EU-Mitgliedstaaten in Kraft. Übergeordnetes Ziel der Verordnung ist, bis zum Jahr 2030 auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der Europäischen Union Wiederherstellungsmaßnahmen vorzunehmen, bis 2050 sollen schließlich alle defizitären Ökosysteme mit Maßnahmen abgedeckt sein. Untersetzend werden konkrete Ziele für Lebensräume und Arten der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie, Meeresökosysteme, Städte, Flüsse und Auen, Bestäuber, Agrarlandschaft (inklusive Moorwiedervernässung) und Wälder festgesetzt. Die Wiederherstellungsverordnung gibt dezidiert vor, in welchem Umfang und bis wann Wiederherstellungsmaßnahmen zu ergreifen sind. Die Umfänge nehmen mit der Zeit zu (gestaffelte Zielstellungen für die Jahre 2030/2040/2050). So ist unter anderem bis zum Jahr 2030 sicherzustellen, dass

  • auf 30 Prozent der Flächen der FFH-Lebensraumtypen (LRT), die nicht im guten Zustand sind, Maßnahmen zur Zustandsverbesserung ergriffen werden,
  • keine Nettoverluste der Grünflächen und der Baumüberschirmung in Städten auftreten,
  • Verzeichnisse der zu beseitigenden künstlichen Hindernisse erstellt werden, um 25.000 Kilometer freifließender Flüsse in der Union zu erreichen,
  • der Rückgang der Bestäuberpopulationen umgekehrt wird,
  • 30 Prozent der landwirtschaftlich genutzten ehemaligen Moorböden wiederhergestellt und zu mindestens einem Viertel wiedervernässt werden,
  • ein Aufwärtstrend vorgegebener häufiger Waldvogelarten erreicht wird.

Zudem werden umfängliche Planungs-, Überwachungs-, Beteiligungs- und Berichtspflichten eingeführt. Als zentrales Element der nationalen Durchführung wird ein Wiederherstellungsplan gefordert, der von Deutschland insgesamt vorgelegt werden muss. Die Verordnung beschreibt dafür eine Frist bis zum 1. September 2026 sowie Anforderungen an die Inhalte und Vorarbeiten. Auch wurde jüngst das Format des Wiederherstellungsplan von der EU beschlossen. Mit Blick auf die Vorlagepflicht des Bundes im September 2026 ist damit zu rechnen, dass der Freistaat Sachsen seinen Beitrag zum nationalen Wiederherstellungsplan gegebenenfalls schon in diesem Jahr leisten muss.

»Allerorts setzen wir uns für Bürokratieabbau und schlanke Verfahren ein. Die Wiederherstellungsverordnung indes ist das Gegenteil. Ich sehe drei wesentliche Herausforderungen bei der Umsetzung dieser Verordnung: Zeit, Geld und Akzeptanz. Der ambitionierte Zeitplan dürfte angesichts der Detailtiefe der Regelungen kaum zu halten sein. Die mit den Wiederherstellungsmaßnahmen zu erwartenden Kosten werden eine extreme Kraftanstrengung bedeuten und viele der betroffenen Flächen können nur mit der Akzeptanz ihrer Privateigentümer bearbeitet werden. Das ist so nicht leistbar«, beschreibt Staatsminister von Breitenbuch die bestehenden Bedenken und fordert gegenüber Berlin und Brüssel: »Sachsen hat bereits das deutliche Signal gesendet, dass die Verordnung in dieser Form aus unserer Sicht zurückgenommen werden sollte. Mindestens aber erwarten wir von Bund und EU klare Bekenntnisse zur Überarbeitung, Entschlackung, Entbürokratisierung und auskömmlichen Finanzierung. Und das deutlicher als es der Bundeskoalitionsvertrag gegenwärtig vermuten lässt. Dafür setze ich mich auch auf der in dieser Woche stattfindenden Umweltministerkonferenz ein. Ich bin in Sorge, dass die Verordnung andernfalls alle Beteiligten überfordert und wir damit keinen Zuspruch in der Bevölkerung erreichen.«


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft

Pressesprecher Dr. Frank Bauer
Telefon: +49 351 564 20040
Telefax: +49 351 564 20007
E-Mail: presse@smul.sachsen.de
zurück zum Seitenanfang